Mit der LV 1871 hat heute ein zweiter Versicherer eine Stellungnahme zur Frage der „spontanen Anzeigepflicht“ abgegeben.
Vielen Dank an dieser Stelle auch an die LV 1871 für die schnelle Reaktion. Wenn wir weitere für die Öffentlichkeit bestimmte Stellungnahmen von Versicherern erhalten, veröffentlichen wir sie gern ebenfalls. Unterhalb der Stellungnahme finden Sie ein Kontaktformular. Nutzen Sie auch die Möglichkeit zur Diskussion ganz unten auf der Seite. Ihr erster Kommentar muss freigeschaltet werden. Wir veröffentlichen hier den Wortlaut der „Vertriebsinformation“ der LV 1871 vom 24.10.2017.
„Berufsunfähigkeitsversicherung: spontane Anzeigepflicht
- Vorvertragliche Anzeigepflicht bei verkürzten Gesundheitsfragen
- Keine spontane Anzeigepflicht bei eingeschränkter Gesundheitserklärung
Das Landgericht Heidelberg hat am 8. November 2016 entschieden. dass eine Erkrankung dem Versicherer auch dann angezeigt werden muss, wenn nicht ausdrücklich danach gefragt wurde. Es ging um eine Versicherung mit vereinfachter Gesundheitsprüfung. Die versicherte Person litt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits unter MS. Nach Auffassung des Gerichts hätte dies dem Versicherer „spontan“ angezeigt werden müssen. Das Berufungsverfahren ist derzeit vor dem OLG Karlsruhe anhängig.
Das Urteil hat nun zu Verunsicherung bei unseren Geschäftspartnern geführt. Es wird befürchtet, dass Verträge im Leistungsfall angefochten werden, für die beim Abschluss auf eine ausführliche Gesundheitsprüfung verzichtet wurde.
Rechtslage
Es ist gesetzlich geregelt, dass der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages verpflichtet ist, die vom Versicherer in Textform gestellten Fragen zu beantworten (Paragraf 19 Abs. 1 VVG).
Eine darüber hinausgehende Anzeigepflicht kommt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn es sich um außergewöhnliche und besonders wesentliche Informationen handelt, die für jedermann erkennbar das Aufklärungsinteresse des Versicherers in ganz elementarer Weise betreffen (BGH 19.05.2011, Az. IV ZR 254/10).
Daran knüpft das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 27.02.2015 (Az. 20 U 26/15) an. Danach setzt eine spontane Anzeigepflicht voraus, dass es sich um Gefahrumstände handelt, die so selten und fernliegend sind, dass dem Versicherer nicht vorzuwerfen ist, sie nicht abgefragt zu haben.
Fazit
Auf der Grundlage der derzeitigen Rechtsprechung gilt somit für unser Haus: Wenn keine oder nur eine eingeschränkte Gesundheitserklärung abzugeben war, besteht keine spontane Anzeigepflicht für Umstände, die wir bei einer vollständigen Gesundheitserklärung abgefragt hätten. Ein Anfechtungsrecht besteht daher in solchen Fällen nicht.“
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