Arbeitsunfähig – berufsunfähig – wo liegt der Unterschied? Vielen Verbrauchern, aber auch Vermittlern von Versicherungen, ist der Unterschied zwischen „arbeitsunfähig“ und „berufsunfähig“ nicht klar.
Das ist auch kein Wunder, denn ganz exakte Definitionen kann man in keinem Gesetz nachlesen; außerdem gibt es Unterschiede, ob man von der Sozialversicherung (gesetzliche Krankenkasse, gesetzliche Rentenversicherung) oder privaten Versicherungsverträgen spricht und letztlich kommt es auf den Einzelfall an. Einige Anhaltspunkte zur besseren Unterscheidung sollen hier daher beschrieben werden.
Anfragen & Ratgeber erhalten »
Unterschied arbeitsunfähig berufsunfähig
Was bedeutet arbeitsunfähig?
Als arbeitsunfähig gelten Sie, falls Sie auf Grund eines medizinischen Befundes vorübergehend Ihre vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht ausüben können. Es muss also zunächst ein Befund vorliegen, aus dem sich ergibt, dass Sie Ihren konkreten Job nicht ausüben können: Sie werden krank geschrieben und erhalten den bekannten ‚gelben Zettel’. Darüber hinaus lautet die Prognose dann, dass Sie vermutlich wieder gesund werden. Oftmals wird während der Arbeitsunfähigkeit auch eine konkrete Behandlung oder Therapie durchgeführt. Arbeitsunfähigkeit ist kein Dauerzustand: Entweder endet sie durch Heilung und man kann wieder arbeiten, oder es verbleibt eine Invalidität.
Anfragen & Ratgeber erhalten »
Was bedeutet berufsunfähig?
Grundkriterium, um als berufsunfähig zu gelten: Es müssen bleibende gesundheitliche Schäden vorhanden, oder zumindest prognostiziert sein – es muss sich also um einen vermutlich andauernden Zustand handeln. Oftmals kann das erst festgestellt werden, wenn Behandlungen und Therapien nicht den gewünschten Erfolg erbracht haben. Weitere Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung müssen erfüllt sein, um eine Leistung (Rente) zu beziehen.
Wird man nach einer bestimmten Zeit Arbeitsunfähigkeit automatisch berufsunfähig?
„Wenn ich 6 Monate krankgeschrieben war, bin ich automatisch berufsunfähig!“ ist eine häufige Annahme. Sie stimmt nur nicht. Ein Beispiel soll das verdeutlichen. Eine Frau wird schwanger. Im dritten Monat wird eine Risikoschwangerschaft festgestellt. Die werdende Mutter muss sich und ihr Baby schonen – sie wird krankgeschrieben und gilt 6 Monate lang als arbeitsunfähig. Niemand würde auf die Idee kommen, eine dauerhafte Einschränkung zu vermuten – also liegt auch keine Berufsunfähigkeit vor.
Es gibt in Deutschland derzeit einen einzigen mir bekannten Versicherer, der eine Berufsunfähigkeitsrente bereits beim Vorliegen einer 6 monatigen Arbeitsunfähigkeit zahlt (Condor Lebensversicherung im Tarif Comfort). [Hinweis: Das war der Stand 2011, inzwischen bieten zahlreiche Anbieter eine solche Arbeitsunfähigkeits-Klausel an.] Es gibt des weiteren einige Versicherer, die eine 6 monatige Arbeitsunfähigkeit, sofern sie andauert / weiter fortbesteht, als Indiz für eine voraussichtlich andauernde Einschränkung und damit Berufsunfähigkeit anerkennen. Einige davon wiederum zahlen auch rückwirkend ab Beginn dieses 6-Monats-Zeitraums.
Keiner dieser Versicherungstarife macht jedoch eine Krankentagegeldversicherung überflüssig, die bei reiner Arbeitsunfähigkeit das Einkommen sichert: Schließlich kann eine Arbeitsunfähigkeit ja auch ‚nur’ 5 ½ Monate andauern.
Update 11.09.2013 zum Artikel: Unterschied arbeitsunfähig berufsunfähig
Inzwischen gibt es einen zweiten Versicherer, der Leistungen bereits ab 6 Monaten Arbeitsunfähigkeit erbringt – die Allianz Lebensversicherung: Allianz Berufsunfähigkeitsversicherung: Leistung schon bei Krankschreibung.
Update 12.09.2017:https://www.helberg.info/blog/2013/09/allianz-berufsunfaehigkeitsversicherung-leistung-schon-bei-krankschreibung/
Inzwischen bieten zahlreiche BU-Versicherer eine Rentenzahlung bereits bei langer Arbeitsunfähigkeit an. Sie wird „AU-Klausel“, oder auch „Rente wegen Krankschreibung“ genannt.
Update 12.10.2017:
Noch genauer – und auch den Unterschied zur Erwerbsunfähigkeit – erklären wir es in unserem neuen Seitenbereich zur Berufsunfähigkeitsversicherung.
Unterschied arbeitsunfähig berufsunfähig
Kommentare zu diesem Beitrag
Hallo, dann verstehe ich sie richtig Herr Helberg, dass man nicht nur eine Berufsunfähigkeitsversicherung sondern auch noch eine Krankengeldversicherung abschließen soll? Wird das nicht extrem teuer?
Hallo AchimFue, Ihre Frage hatten wir zwar schon im direkten Austausch diskutiert, hier aber noch meine Antwort für die anderen Leser: Für mich bilden in aller Regel (Ausnahme: Beamte) Krankentagegeldversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung eine Einheit. Beides ist erforderlich, um das Einkommen im Krankheitsfall abzusichern. Im Vergleich zur Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Beitrag zur Krankentagegeldversicherung eher gering und liegt für viele Arbeitnehmer sogar im einstelligen Euro-Bereich.