Die beiden letzten schneereichen Winter führten zu verschiedensten Schadensfällen, bei denen manchmal erst die Gerichte klären können, wer für Schäden aufkommen muss. So hatte sich zum Beispiel das Landgericht Magdeburg mit der Frage zu befassen, wer haftet, wenn eine Dachlawine aus Schnee von einem Hausdach rutscht und dabei ein vor dem Haus geparkten PKW beschädigt?
Das Landgericht Magdeburg veröffentlichte dazu folgende Pressemitteilung:
„Mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 10.11.2010 (5 O 833/10) hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg der Klage eines Autobesitzers gegen eine Hauseigentümerin zu 50% stattgegeben.
Der Kläger hatte seinen Toyota am 19.01.2010 in Haldensleben auf der Strasse geparkt. Der Januar 2010 war außergewöhnlich schneereich. Eine Schneelawine von einem Fachwerkhaus mit steil angewinkeltem Dach, ohne Schneefanggitter stürzte auf den PKW und verursachte einen Schaden von rund 6.000 €, den der Kläger geltend macht.
Die 5. Zivilkammer ist durch den Einzelrichter zur Überzeugung gelangt, dass die Hausbesitzerin nur 50% des entstandenen Schadens bezahlen muss. Sie haftet grundsätzlich wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Wer eine Gefahrenlage schafft, muss alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, um die Gefährdung möglichst zu verhindern.
Zwar kann in schneearmen Gebieten wie in Haldensleben nicht verlangt werden, dass Schneefanggitter angebracht werden, jedoch muss jedenfalls bei einer ungewöhnlichen Schneewetterlage vor Dachlawinen gewarnt werden, damit sich Benutzer der Strasse hierauf einstellen können.
Allerdings hat auch der PKW Besitzer mit dazu beigetragen, dass der Schaden entstanden ist. Auch er kannte die bereits länger andauernde Wetterlage mit erheblichen Schneemengen. Zudem wohnte er in einem Haus schräg gegenüber, so dass für ihn auch erkennbar war, wie steil das Dach ist und dass kein Schneefanggitter vorhanden ist. Dem Fahrzeugbesitzer war es daher zuzumuten, an einer ungefährlichen Stelle zu parken. So ist dem Besitzer des Toyota der Vorwurf des Mitverschuldens zu machen, den das Gericht mit 50% bewertet hat.
Die Hauseigentümerin kann sich nicht damit entlasten, dass sie ihren Sitz in Magdeburg und nicht in Haldensleben hat. Wer für ein Haus verantwortlich ist muss die erforderlichen Maßnahmen auch dann organisieren, wenn er nicht vor Ort ist. Der Schneefall ist auch nicht plötzlich aufgetreten, sondern die für die Region unübliche Schneesituation, bestand bereits seit längerer Zeit.
Das Urteil ist rechtskräftig.“
Mein Kommentar: Statt für derlei Vorkommnisse die Schuld bei anderen zu suchen und anschließend auf der Hälfte des Schadens sitzen zu bleiben, hätte es auch eine gute Teilkaskoversicherung für den PKW getan – denn da sind Lawinen – und in den besten Bedingungen ausdrücklich auch Dachlawinen – mitversichert. Den Hausbesitzer schützt eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung vor den Folgen derlei Schadensersatzansprüche –sogar dann, wenn die Teilkaskoversicherung versuchen sollte, Regress zu nehmen. Auch für das Nachbarschaftsverhältnis könnte es sinnvoller sein, die beiden Versicherer miteinander streiten zu lassen, als selbst seinen Nachbarn zu verklagen…
Nachtrag vom 07.02.2012 zum Artikel „Dachlawine vom Haus auf’s Auto – wer haftet?“
Zwischenzeitlich gibt es einige Urteile zu diesem Thema. Für meine Begriffe gibt es einen Trend, die Pflichten des Hauseigentümers in schneereichen Gebieten weiter zu stecken, als in schneearmen Gebieten. Weil es offenbar keine einheitliche Rechtsprechung dazu gibt, landen regelmäßig derlei Fälle vor Gericht. Das hat dann in jedem Einzelfall die Aufgabe, entsprechend der örtlichen Verhältnisse und besonderen Umständen jedes einzelnen Falles zu entscheiden. So auch bei einem Fall eines meiner Mandanten in Osnabrück aus dem Winter 2010 / 2011. Zu gegebener Zeit werde ich darüber berichten.
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