In diesen Tagen denken sehr viele Menschen darüber nach, welche Folgen der Corona-Virus und dessen Bekämpfung für sie haben wird. Folgt auf die Pandemie eine Welle von Leistungsfällen wegen Psyche?

Bereits seit einigen Jahren kann man diesen einen Trend beobachten: Die Anzahl der Menschen, die wegen psychischer Erkankungen ihre Arbeit nicht mehr ausüben können, steigt beängstigend.
Noch trauriger: Schon im Jahr 2013 stellte die Techniker Krankenkasse in ihrem Gesundheitsreport vor, dass bereits fast jeder fünfte Studierende eine psychische Diagnose bekam.
2019 veröffentlichte die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) eigens einen Psychoreport. Dessen Kernaussage: Im Jahr 2018 gab es dreimal mehr Fehltage wegen psychischer Erkankungen als im Jahr 1997. Neben depressiven Episoden (ICD Code F32.-, F33.-) und anderen Angststörungen (F41.-) lag die größte Steigerungsrate bei Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43.-).
Psychische Erkrankungen auch größte Ursache für Berufsunfähigkeit
Das Besondere an psychischen Erkrankungen ist unter anderem, dass sie sich oft über einen langen Zeitraum hinziehen. Das führt nicht nur zu vielen Fehltagen, für die Arbeitgeber Lohnfortzahlung und Krankenkassen Krankengeld zahlen müssen. Wenn die Krankheit Sie für mehr als 6 Monate nicht mehr arbeiten lässt, gelangen Sie bereits in den Bereich einer Berufsunfähigkeit.
Und so zeigt sich auch in der Berufsunfähigkeitsversicherung, dass die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit in psychischen und Nervenerkrankungen liegt. Laut der neuesten Statistik des Analysehauses Morgen & Morgen von 04.2019 machten solche Erkrankungen im Jahr 2018 fast 30% der anerkannten BU-Leistungsfälle aus.

Wie sich die Anteile verschiedener Krankheiten im Laufe der Jahre verschoben haben, können Sie diesem gerade aktualisierten Beitrag zu Berufsunfähigkeit Ursachen entnehmen.
Was hat der Corona-Virus mit Psyche zu tun?
Anfang März befragten wir einige Versicherer, wie sie entscheiden würden, wenn jemand mit dem Corona-Virus infiziert war und nun eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte. Die einhellige Meinung war, dass sich eine ausgeheilte Infektion nicht negativ auswirkt. Das ist sicherlich eine gute und beruhigende Einstellung gewesen.
Inzwischen ahnen viele, dass die Folgen der Bekämpfung der Ausbreitung des Virus nicht weniger bedeutend als das Virus selber werden. Damit meine ich nicht, dass #SocialDistanacing oder #wirbleibenzuhause ernsthaft längerfristig krankmachen werden. Obwohl bei manchen sicherlich „die Nerven blankliegen“.
Vielmehr spüren viele von uns die ungewisse wirtschaftliche Zukunft bis zur puren Existenzangst. Es liegt auf der Hand, dass das wirklich krank machen kann, vor allem, wenn man eher nicht zu den Optimisten gehört. Und je länger die Ungewissenheit andauert. Wer sowieso schon nervlich angeschlagen ist, wird besonders leiden.
Worauf müssen wir uns in der Versicherungsbranche einstellen?
Ja, der Corona-Virus trifft auch Versicherungsgesellschaften und Vermittler mit Wucht. Notfallpläne werden aktiviert und alles getan, um den Betrieb weiter aufrecht zu halten. So gut es eben geht.
Aber viele Versicherte werden Kosten reduzieren müssen. Da stehen Versicherungen oft weit vorne auf der Liste. Wie können wir Verträge – und damit Versicherungsschutz – für unsere Kunden erhalten, wenn sie unverschuldet die Beiträge dafür nicht mehr aufbringen können? Deswegen braucht es neue, außerordentliche und großzügigere Regelungen, als sie sich in den Versicherungsbedingungen finden lassen.
Viele Versicherte werden aber auch gerade jetzt ihre Versicherung in Anspruch nehmen müssen (und froh sein, dass sie eine haben). Damit meine ich weniger Betriebsausfall-, Reise- oder Rechtsschutzversicherungen. Was die Arbeitskraftabsicherung angeht, werden das zuerst die privaten Krankenversicherer feststellen können. Denn eine Krankentagegeldversicherung springt noch vor der Berufsunfähigkeitsversicherung ein. Müssen sich Krankenversicherer und Lebensversicherer auf eine Welle von Leistungsfällen einstellen? Müssen sie Kapazitäten für die Leistungsfallbearbeitung erhöhen? Aus diesem Grund wären vorausschauende Maßnahmen, zumindest Pläne, bestimmt sinnvoll.
Fazit
Wir alle sind betroffen. Wir alle stehen vor einer neuen Herausforderung ungeahnter Größe. Dass alle betroffen sind, ist das Tröstliche an der Situation. Hoffentlich fördert das das gegenseitige Verständnis und verstärkt nicht die Verteilungskämpfe.
Bleiben Sie gesund und stark.
Herzliche Corona-Durchhalte-Grüße aus Osnabrück
Ihr Matthias Helberg
Medienecho:
24.03.2020, Das Investment:
25.03.2020, Pfefferminzia:
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