HDI EGO Top, die selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung der HDI Lebensversicherung, gibt es seit ein paar Tagen auch mit einem Zusatzbaustein „Leistungen wegen Krankschreibung“. Was steckt hinter dieser neuen AU-Klausel?
Ja, es ist nicht so einfach mit den Begriffen rund um die Berufsunfähigkeitsversicherung. So ist beispielsweise eine Arbeitsunfähigkeit nicht gleich Berufsunfähigkeit. Wer sechs Monate krankgeschrieben war, ist eben nicht automatisch auch berufsunfähig. Woran das liegt und was die Unterschiede sind, lesen Sie bitte in diesem Beitrag aus dem Jahr 2011 nach.
Weil auch die Prüfung der Versicherer, ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt, schnell einmal ein paar Monate dauern kann, kam vor vielen Jahren die Condor Lebensversicherung auf die Idee, eine Leistung bereits beim Vorliegen einer mindestens 6 Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit zu erbringen. Der Grundgedanke mag also (neben der Abhebung vom Wettbewerb) gewesen sein, für die Kunden früher und kurzfristiger eine Leistung erbringen zu können. Erst vor 3 Jahren zog dann mit der Allianz ein weiterer Versicherer nach. Inzwischen bieten nach unseren Informationen mit dem HDI nun 13 Versicherer eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer sogenannten „AU-Klausel“ (für Arbeitsunfähigkeitsklausel) an.
Neue HDI EGO Top Versicherungsbedingungen ab 09.2016
Der HDI hat vor ein paar Tagen sein überarbeitetes Bedingungswerk zur EGO Top BU (Druckstück LV_AVB_BV.1601) veröffentlicht. Die meisten Änderungen sind eher aktualisierender Art, indem beispielsweise statt der Schriftform nun die Textform für Erklärungen des Kunden akzeptiert wird. Anlassbezogene Kosten während der Versicherungsdauer werden deutlicher benannt und für neue Anlässe eingeführt („Einholung individueller Erklärungen zur Entbindung von der Schweigepflicht: 15,00 EUR“). Die größte Änderung stellt jedoch die Einführung der optionalen AU-Klausel (Druckstück LV_BB_KS.1601) dar.
„Leistungen wegen Krankschreibung“ im neuen HDI EGO Top Tarif
Hier in Kurzform die wesentlichen Tarifmerkmale:
- Die „Leistung wegen Krankschreibung“ kann optional gegen Zahlung eines Mehrbeitrages zu neuen BU-Verträgen hinzu beantragt werden;
- Versichert wird damit die Beitragsbefreiung des gesamten Vertrages und eine Rentenzahlung in Höhe der versicherten BU-Rente;
- Grund-Voraussetzung ist, dass „die versicherte Person für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens sechs Monaten krankgeschrieben war und zum Zeitpunkt der Meldung weiterhin krankgeschrieben ist“;
- Weitere Voraussetzung: Die versicherte Person geht während der Krankschreibung keiner beruflichen Tätigkeit nach, die Krankschreibung wird mittels Ärztlichen Bescheinigungen (davon 1 von einem Facharzt) nachgewiesen und es werden gleichzeitig Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beantragt;
- Ein Leistungsanspruch besteht frühestens bereits ab dem 1. Tag der Krankschreibung;
- Die maximale Leistungsdauer der Leistungen wegen Krankschreibung beträgt 24 Monate während der Vertragslaufzeit;
- Wird rückwirkend eine Berufsunfähigkeit anerkannt, ersetzt die BU-Rente sozusagen die Leistung wegen Krankschreibung und bereits gezahlte Monatsrenten werden nicht auf die 24 Monate angerechnet;
- Wurden einmal Leistungen wegen Krankschreibung erbracht, entfällt die Nachversicherungsgarantie auch der Berufsunfähigkeitsversicherung für die restliche Laufzeit.
Ungewöhnliche HDI EGO Top AU-Klausel
Sehr ungewöhnlich für eine AU-Klausel sind die umfangreichen Obliegenheiten (~Pflichten) des Kunden im Leistungsfall: So reichen nicht etwa „Gelbe Scheine“ oder „Pendelformulare“ aus, um die Arbeitsunfähigkeit zu belegen. Der Versicherer kann auch folgende weitere Unterlagen verlangen:
- „Eine Darstellung der Ursache für den Eintritt der Krankschreibung,
- ausführliche Berichte der Ärzte, die die versicherte Person behandeln bzw. behandelt oder untersucht haben, über Ursache, Beginn, Art und Verlauf der Gesundheitsstörungen, deren Auswirkungen auf die körperlichen, geistigen oder seelischen Funktionen, die bisherige bzw. voraussichtliche Dauer der Gesundheitsstörung,
- Unterlagen über die von der versicherten Person durch Ausbildung und Erfahrung erworbenen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse, über ihren Beruf, ihre Stellung und Tätigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung der Versicherung und des Eintritts der ersten Krankschreibung und
- sofern die versicherte Person selbstständig ist, Nachweise über die Betriebsstruktur, die betrieblichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der Mitarbeitersituation des Betriebes zum Zeitpunkt der Antragstellung und des Eintritts der ersten Krankschreibung.“
Interessant ist der Hinweis des Versicherers, wie er im Angebotsdokument gegeben wird:
„Sofern Sie eine private Kranken(zusatz)versicherung abgeschlossen haben, klären Sie bitte vor Vertragsabschluss, ob Ihr Krankenversicherer unsere Leistungen wegen Krankschreibung als Krankentagegeld oder Krankengeld betrachtet! (…) Weiter kann es bedingungsmäßig in der privaten Krankenversicherung geregelt sein, dass Leistungen wegen Krankschreibung auf das private Krankengeld angerechnet werden.“
Fazit zur AU-Klausel im HDI EGO Top Tarif
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass hier ein Versicherer eher widerwillig eine AU-Klausel eingeführt hat.
Da hilft auch die neue Bezeichnung „Leistung wegen Krankschreibung“ und der Leistungsbeginn bereits ab dem ersten Tag nicht: Dass die Krankschreibung bei Beantragung der Leistung noch immer bestehen muss, dass gleichzeitig die Berufsunfähigkeitsrente beantragt werden muss und dass der Versicherer im Rahmen der Obliegenheiten zahlreiche weitere Unterlagen anfordern kann – das alles klingt für mich nicht wirklich nach einer schnellen Hilfe für die Betroffenen. Damit wird der eigentliche (potentielle) Kunden-Nutzen einer AU-Klausel wohl kaum erfüllt.
Dann lieber eine Krankentagegeldversicherung und die HDI Berufsunfähigkeitsversicherung ohne AU-Klausel abschließen. Oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer besseren AU-Klausel?
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