In Sachen Verhaltenskodex war in unserer Branche bereits viel Unfug zu lesen. Den Vogel schießt nun die R+V ab, die Kunden offenbar dazu verdonnern möchte, Maklern „zu Beginn der Geschäftsbeziehung“ eine Vollmacht zu erteilen. Das soll wohl auch für die Schwestergesellschaften KRAVAG und Condor gelten.
Wer den Geist eines Kodex nicht lebt, der sollte ihn am besten gar nicht erst anerkennen. Das war bereits Anfang letzten Jahres mit der Allianz so und wird nun von der R+V noch getoppt. Denn nach den uns vorliegenden Dokumenten muss man wohl davon ausgehen, dass man bei der R+V nicht einmal weiß, was das Wesen eines Verhaltenskodex ist.
Definition Verhaltenskodex
Eigentlich ist es ganz einfach, liebe R+V. Schaut einmal bei Wikipedia:
Ein Verhaltenskodex ist (…) eine Selbstverpflichtung.
Bevor sich herausstellt, dass auch das Wort Selbstverpflichtung im Hause R+V nicht hinreichend bekannt ist, hier gern auch dafür eine Definition via Wikipedia:
Eine freiwillige Selbstverpflichtung ist eine einseitige Erklärung von (…) Unternehmen, mit denen diese sich verpflichten, bestimmte Regeln einzuhalten. Diese Selbstverpflichtung ist rechtlich nicht bindend.
Wir fassen also zusammen: Durch einen Verhaltenskodex verpflichtet jemand sich selbst, rechtlich allerdings nicht bindend (* siehe Nachtrag vom 14.01.15).
Was macht die R+V aus einem Verhaltenskodex?
In diesem Fall dreht es sich nur am Rande um den GDV Verhaltenskodex für den Versicherungsvertrieb. In erster Linie geht es hier um den Code of Conduct Datenschutz (CoC Datenschutz), in dem es um den Umgang der Versicherer mit den oft hochgradig sensiblen Kundendaten geht. Wie das – sicherlich unbeabsichtigt – in der Praxis ausgesehen hat, können Sie bei Gefallen im Artikel zur illegalen Datenspeicherung im HIS nachlesen.
Bei der R+V wird aus einer Selbstverpflichtung, die rechtlich nicht bindend ist, eine „Ergänzung der vertraglichen Vereinbarung“. Gemeint ist damit die Courtagezusage der R+V an uns. Die R+V möchte also rechtlich verbindlich andere verpflichten. Das liest sich dann in dem Schreiben, das wir Anfang Dezember 2014 erhielten, folgendermaßen:
Verhaltenskodex à la R+V: Makler und Kunden verpflichten
Dass Versicherer hier und da versuchen, von Ihnen unabhängige Versicherungsmakler zu allem Möglichen und Unmöglichen zu verpflichten, daran habe ich mich schon fast gewöhnt. Hier aber sollen ja quasi die Kunden verpflichtet werden, Versicherungsmaklern gleich „zu Beginn der Geschäftsbeziehung“ eine (beliebige?) Vollmacht zu erteilen. Unglaublich!
Wie hoch muss ein Ross sein, auf dem man sitzt, wie überheblich, egoistisch, unfair, wenig kundenorientiert, oder bar jedes Rechtsverständnisses muss jemand sein, um sich solchen Käse auszudenken?
Strafverschärfend kommt hinzu, dass zu den Erstversicherern der R+V Versicherungsgruppe auch die KRAVAG- und die Condor- Gesellschaften gehören. Die Verpflichtung von Maklern und Kunden wird daher offenbar auch von diesen Versicherern vorgenommen werden. Nur: Wozu soll ein Kunde uns überhaupt eine Vollmacht erteilen, wenn wir beispielsweise seine Berufsunfähigkeitsversicherung an die Condor vermitteln wollten???
Klares NEIN zum R+V Verhaltenskodex-Nachtrag
Selbstverständlich arbeiten auch wir mit Maklervollmachten: Dort, wo es unseren Kunden nutzt, uns die Arbeit vereinfacht – und das auf beiden Seiten erforderliche Vertrauen entstanden ist. Es sind aber noch immer unsere Kunden, die entscheiden, wann sie wen bevollmächtigen. Und wir sind es, die entscheiden, von wem wir uns wofür bevollmächtigen lassen. Das gehört zu unserem Verständins von Kundenorientierung, Verbraucherschutz und Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers.
Das haben wir der R+V auch so mitgeteilt und selbstverständlich dem anmaßenden Nachtrag im Dezember mit klaren Worten widersprochen:
Fortsetzung folgt.
So ging es weiter: „Die Courtagezusage widerrufen wir mit sofortiger Wirkung.“
Nachtrag vom 14.01.2015: Verhaltenskodex und UWG
Mein äußerst geschätzter Kollege Wilfrid E. Simon weist darauf hin, dass ein Verhaltenskodex doch eine rechtliche Verbindlichkeit entfalten kann: Und zwar im Rahmen des Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Nachtrag vom 14.01.2015: Condor folgt R+V
Wie erwartet: Die Condor folgt Wort für Wort der R+V. Motto: Wie schießt man sich aus dem Maklermarkt?
Nachtrag vom 23.01.2015
Die Verpflichtung von Kunden und Versicherungsmaklern ist nicht nur anmaßend, sie ist in vielen Fällen auch absolut überflüssig: So lässt sich die Condor beispielsweise in ihrem aktuellen Antragsformular für eine Berufsunfähigkeitsversicherung ausdrücklich vom Kunden die Weitergabe sensibler Kundendaten nicht nur an den Abschlussvermittler genehmigen, sondern auch an andere selbstständige Vermittler im Rahmen eines Betreuerwechsels:
Nachtrag vom 27.01.2015: Die R+V reitet sich weiter rein
Die R+V hat auf Ihrer Vermittlerseite Stellung genommen. Jetzt war alles nicht so gemeint. „Ist verpflichtet“ sollte heißen „wir empfehlen“. Da stellt sich nun die Frage, ob man vertragliche Verpflichtungen der R+V-Kunden (z.B. die „Obliegenheiten“) nun auch als simple Empfehlung auffassen kann?
Reaktionen
https://twitter.com/YannickLeippold/status/554985747376517120
Medienberichte
Kommentare zu diesem Beitrag
Was ich mich frage: Was will die R+V eigentlich damit erreichen?
Das frage ich mich auch, Marko. Grenzen testen?
Gut, dass es solche Maklerkollegen gibt, wie Matthias Helberg. Ich habe bereits sämtlichen neuen Nachträgen widersprochen und von der Swiss Life eine Kündigung (per Email) erhalten. Auf Nachfrage bei der Email-absenderin der SL, weshalb man mir nicht auf meine aufgeworfenen Fragen antwortet, antwortete diese, dass sie diese Fragen gar nicht kenne und nur den Auftrag habe, mir diese Kündigung zu übermitteln. Sie wollte sich aber kümmern. Das war im Herbst 2014…
Hallo Herr Helberg, vielen Dank für diesen Beitrag und Ihr Engagement im Sinne aller Makler/innen (davon gehe ich mal aus…).
Lieber Matthias,
Dein Artikel hat mich herzhaft zum Lachen gebracht. Du hast 100% ins Schwarze getroffen. Deine Ausdrucksweise ist einfach köstlich. Dieser Artikel schreit förmlich danach, veröffentlicht zu werden…. Herzlichen Glückwunsch zu dieser wirklich tollen Leistung.
Viele Grüße
Susanne
Hallo Frank,
ich glaube nicht dass dies wirklich so schnell umgesetzt wird. Ich mache viel R+V Gruppe und habe bis jetzt noch meine Ruhe. Gruß Jürgen
Lieber Herr Hellberg,
ich stimme Ihren Ausführungen voll und ganz zu.
Ein Vertrag wird immer zwischen zwei Parteien geschlossen. Wird einer Seite die Obliegenheit zum Vertragsschluß auferlegt, wird damit automatisch auch für die andere Seite eine Obliegenheit geschaffen. Der Makler wird gezwungen den Kunden zu zwingen. Das kann nicht zielführend sein.
Unbenommen dessen warne ich davor den Stab allzu sehr über der R&V zu brechen. Immerhin fordern einige Makler und Maklerpools selbst, dass ein Maklervertrag obligatorisch zu schließen sei:
http://www.versicherungsbote.de/service.kodex.html
Zahlreiche Makler und auch 2 Maklerpools haben sich diesen Forderungen bereits angeschlossen und tragen dies ihrerseits an die Versicherer heran. Wohlmöglich will die R&V also nur das umsetzen, was Makler, Pools und Interessenvertreter unseres Berufsstandes offenkundig selbst einfordern.
Stellen Sie sich vor: In den Reihen derer die Ihnen hier beipflichten finden sich im Register Kollegen, die den Kodex des „ehrbaren Maklers“ schon unterschrieben haben. Selbst ein Interessenvertreter eines Verbandes hat das unterzeichnet. Offenkundig empören diese sich für ein von der R&V gefordertes Verhalten zu dem diese sich selbst verpflichtet haben und es ihrerseits via Kodex von allen Maklern erwarten.
Man fordert es selbst, wirft das dann aber Dritten vor?
Es bleibt ein Irrweg. Sicher. Doch zunächst einmal müssen wir es vielleicht mit freundlicher Aufklärung versuchen. Wer kann es der R&V vorwerfen, dies nicht durchdacht zu haben, wenn dies nicht einmal unseren eigenen Interessenvertretern gelingt? 😉
Lieber Herr Pradetto,
schönen Dank für Ihre Zustimmung!
Es ist für einen Maklerpool ganz sicher nicht einfach, sich in solchen Fragen zu positionieren. Daher schätze ich es besonders, dass Sie häufig einer der ersten sind, die sich das trauen.
Wenn jemand ein Gespräch sucht, bin ich der Letzte, der es verweigern würde. Leider suchen Versicherer, wie jetzt die R+V, eben nicht das Gespräch. Bei der R+V antwortete man mir beispielsweise nicht einmal, als ich nach dem exakten Grund des Widerrufs der Courtagezusage fragte. Im letzten Jahr waren es die Allianz oder auch der HDI, die inakzeptable Fakten schaffen wollten.
Wir werden als Versicherungsmakler inzwischen leider mehr und mehr vor vollendete Tatsachen gestellt: Nachtrag zur Courtagezusage, Inhalt „Sie sind verpflichtet… der Versicherungsmakler hat zu… übernimmt die Pflicht…“ Da ist schon aus juristischer Sicht zeitnaher Widerspruch erforderlich.
Tatsächlich haben wir inzwischen einen gut genutzen Serienbrief, um dem Bestreben eines Versicherers nach dem anderen, uns einen Kodex nach dem anderen vorzusschreiben, zu dem die Versicherer sich verpflichtet haben, zu widersprechen. Es ist dann gelegentlich wie in den endlosen Stunden schwüler Sommertage und -Nächte: Manchmal bringt erst ein Gewitter wieder Frischluft.
Wenn meine zugegebenermaßen gelegentlich scharf formulierten Beiträge hier in meinem kleinen Blog dazu beitragen, dass auch nur einige wenige in unserer Branche sich des Maklerstatus mit seinen Besonderheiten ein bisschen bewusster werden, ist schon sehr, sehr viel erreicht. Denn offenbar konnten alle Versuche freundlicher Aufklärung (von wem auch immer) bislang nicht jeden erreichen…
Lieber Matthias, ich glaube der Herr Pradetto hat die Message sehr wohl verstanden! Wir werden den Weg weitergehen und unseren “ Partnern“ zeigen müssen, dass die Kommunikation keine Einbahnstraße ist. So geht man mit Partnern nicht um. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe, stellt sich Kramer Ralf anders vor. Heute Kodex, morgen CoC und Übermorgen Führungszeugnisse und Schufaauskünfte. Es gilt die Spirale der selbstauferlegten über die Norm hinausgehenden Selbstverpflichtungen zu durchbrechen. denn es geht gar nicht um die Sache, sondern um die Erlangung von Wirtschaftsprüfertestaten! Wenn Vertriebsvorstände von Versicherern an Jahresende den Vertrieb nach Bestandserhaltung statt nach Neugeschäft bewerten, dann haben wir es geschafft. Gehen wir den Weg Kramer Ralf
Nun hat auch unser Berufsverband, die IGVM, reagiert und einen offenen Brief an R+V Vorstand Dr. Norbert Rollinger geschrieben. O-Ton:
Klicken Sie hier, um den ganzen Offenen Brief zu lesen. Schönen Dank den Kollegen für die Unterstützung. Ihr seid die Besten!
In meinem Blog ist jeder herzlich eingeladen, sich zu Themen des Blogs oder bestimmter Artikel zu äußern. Den Missbrauch meines Blogs zur Austragung von Streitigkeiten, die nichts mit dem Thema hier zu tun haben, nehme ich hingegen nicht hin. Auch nicht von Kollegen. Jeweils einen Beitrag der Kollegen Stopp und Pradetto habe ich daher gelöscht.
Ein sehr schöner und ausführlicher Artikel. Ich schließe mich ganz deiner Meinung an. Mit Zwang erreicht man rein gar nichts, zumindest aus meiner Sicht. Mit diesem Verhalten überschreitet man schnell die Grenzen.
Herzlichen Glückwunsch zu diesen ausführlichen Artikel. Es ist auf jeden Fall nicht zielführend auf diese Art und Weise Kunden zu binden. Ob die R+V dies auch in der Praxis umsetzen wird, bleibt abzuwarten wie sich das alles entwickelt und wie weit Sie Ihr vorhaben vorantreiben. Ich stimme Ihrer Ausführung ganz zu, weiter so!