Viel zu lange haben wir weggesehen, weggehört und toleriert, was inakzeptabel ist. Auch wir in der Versicherungsbranche. Nun ist es höchste Zeit, klar „Nein“ zu sagen zu rechtsradikalen Machtfantasien, zur Verbreitung von Desinformation, Hass und Hetze.
Vielleicht musste es so weit kommen. Vielleicht hat es wirklich dieser so aufrüttelnden Recherche von Correctiv bedurft: Geheimplan gegen Deutschland. Rechtsradikale aus Politik und Wirtschaft treffen sich, um für die Zeit nach der Machtübernahme die millionenfache Deportation hier lebender Menschen vorzubereiten. Unser Grundgesetz treten sie mit Füßen.
Was viele jetzt verstehen
Was viele jetzt verstehen: Es ist ihnen ernst, sehr ernst. Es bleibt eben nicht bei den Verschwörungstheorien, den „alternativen Fakten“, den lockeren ausländerfeindlichen Sprüchen am Stammtisch.
Es bleibt nicht bei der aufstachelnden Hetze gegen einzelne Politiker, ganze Parteien, Staatenbündnisse oder Bevölkerungsgruppen in den „sozialen Medien“. Medien, in denen der Algorithmus bestimmt, wer was von wem zu sehen bekommt. Und in denen zehntausende gesteuerter Fake-Accounts Propaganda betreiben.
Ganz bewusst kochen Rechtsextreme eine Stimmung hoch, die mit Hass und Hetze beginnt und mit Drohungen, Übergriffen und Mordanschlägen längst noch nicht ihren Höhepunkt erreicht haben soll.
Es geht ihnen um die Machtübernahme und ein Zurück in die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte.
Zeit, „Nein“ zu sagen
Wir haben es toleriert, wir haben es ihnen durchgehen lassen: Bekannten, Nachbarn, vielleicht auch Kunden, Geschäftspartnern und Kollegen.
Das muss nun vorbei sein. Wir müssen lernen, „Nein“ zu sagen zu Hass und Hetze. Egal, von wem sie kommt. Wir müssen lernen, den Feinden unserer demokratischen, offenen Gesellschaft keine Bühne, keine Plattform und am besten auch keine Sendezeit zu geben.
Oder wie neulich Christian Stöcker im Spiegel schrieb:
„Es muss wieder unangenehm sein, beim Verbreiten rechtsextremer Ideen ertappt zu werden.“
Spiegel-Kolumne „Wie man die AfD kleinkriegt“
Herausforderungen meistern statt Sündenböcke suchen
Machen wir uns nichts vor: Diesen Zulauf zu Populisten mit den vermeintlich einfachen Lösungen gäbe es nicht, wenn sich nicht so viele Menschen abgehängt von Wohlstand und Teilhabe fühlen würden.
Auch das haben wir zugelassen: Anstatt niemanden zurückzulassen, ließen wir es zu, dass immer mehr Menschen selbst Grundbedürfnisse nicht mehr befriedigen können. Sei es wegen knappen Wohnraums, hoher Energiekosten, teurer Lebensmittel, oder dem Zerfall öffentlicher Dienstleistungen, Stichwort Deutsche Bahn.
Viele Mittelständler stellen fest, dass größerer Wohlstand für sie unerreichbar bleibt, egal wie hart sie arbeiten.
Jede Erfahrung, schlecht oder ungerecht behandelt zu werden, ist ein Tropfen in ein Fass der Unzufriedenheit, das irgendwann überlaufen wird oder auch platzen kann.
Wenn wir ernsthaft an einer stabilen Gesellschaft Interesse haben, an einer, die nicht anfällig für die Parolen der Extremisten ist, werden wir für ehrlichere, gerechtere Verteilung sorgen müssen.
Und die Versicherungswirtschaft?
In der Versicherungswirtschaft sind wir es gewohnt, Risiken zu erkennen und – soweit möglich – Schutz vor deren finanziellen Folgen zu bieten.
Ich wünsche mir, dass Versicherer und Kollegen jetzt auch erkennen, welche Verantwortung und welche Reichweite sie haben: Setzt offen Zeichen gegen Hass und Hetze. Für unsere Demokratie, für Menschenrechte.
Oder, um es noch einmal mit den Worten des großartigen Charlie Chaplin zu sagen:
„Lasst uns kämpfen für eine neue Welt, für eine anständige Welt, die jedermann gleiche Chancen gibt, die der Jugend eine Zukunft und den Alten Sicherheit gewährt.“
Charlie Chaplin, 1940, in „Der große Diktator“
#NieWiederIstJetzt
Kommentare zu diesem Beitrag
Danke für dieses klare Statement. Es ist allerhöchste Zeit klar zu machen, daß die
überwältigende Mehrheit unserer Bevölkerung sich klar gegen antidemokratische und
rassistische Besprechungen zur Wehr setzt. In unserem Land ist kein Platz für Faschisten,
Spalter und Hetzer. 100 Jahre nach dem „Marsch zur Feldherrenhalle“ kann niemand sagen, daß er es nicht gewußt hat. Wir sind mehr!