Osnabrück, den 01. April 2015. Zum 01.01.2016 führen die Deutschen Lebensversicherer sogenannte UniJob-Tarife ein. Der Beruf der Kunden wird dann bei der Tarifkalkulation nicht mehr berücksichtigt.
Wer in Deutschland eine Risikolebensversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen will, zahlt Beiträge, die inzwischen auch stark vom ausgeübten Beruf abhängen. Kunden, die beim Abschluss eines Vertrages in vergleichsweise risikoarmen Berufen tätig sind, zahlen für die gesamte Laufzeit der Versicherung geringe Beiträge. Wer hingegen beim Abschluss des Vertrages Handwerker ist, oder in einem sozialen Beruf wie Krankenpfleger oder Erzieher tätig ist, soll ein Vielfaches für die gleiche Leistung zahlen.
In den vergangenen Jahren war eine immer größer werdende Differenzierung zwischen den Berufen zu beobachten gewesen. Das reichte bis zu Fällen, bei denen ein Bindestrich in der Berufsbezeichnung („Techniker-Hochbau“) zu einem um 80 EUR pro Monat höheren Beitrag führen sollte. Unter der Bezeichnung „Berufsgruppen-Bingo“ wurden derlei Auswüchse bekannt. Die Deutsche Versicherungswirtschaft hatte sich also nicht nur weit von dem gesellschaftlich diskutierten Thema Gerechtigkeit entfernt, man war an einem Punkt angelangt, bei dem die Seriosität und damit das Kundenvertrauen auf dem Spiel standen.
„Wir mussten etwas tun.“
heißt es nun aus Kreisen der Versicherungslobby. Die jetzt gefällte Entscheidung zur Einführung von UniJob -Tarifen dürfte den Versicherern Dank der Erfahrungen mit der Einführung von Unisex -Tarifen im Jahr 2012 leichter gefallen sein: Auch damals war – im Gegensatz zu manchen Befürchtungen in der Branche – die Welt nicht untergegangen. Doch während bei den Unisex – Tarifen der Gesetzgeber die Vorgaben erließ, will man es nun aus eigener Kraft schaffen.
UniJob -Tarife – Vorteile für die Versicherer
Wie aus gewöhnlich gut situierten Kreisen der Versicherungslobby bekannt wird, spricht auch aus den Augen der Lebensversicherer eine ganze Reihe von Vorteilen für die Einführung von UniJob -Tarifen:
- Bisher sei nur in 30 Prozent der deutschen Haushalte, in denen der Haupteinkommensbezieher jünger als 65 Jahre ist, eine private Berufsunfähigkeitsversicherung vorhanden, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einer Pressemitteilung. Im Gegensatz zu anderen Versicherungssparten besteht hier also noch enormes Wachstumspotential – wenn die Kunden sich die Versicherung auch leisten können. UniJob -Tarife machen die Absicherung für viele deutlich günstiger;
- Bei Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen sei nach Vertragsschluss ein Berufswechsel in aller Regel nicht anzeigepflichtig, was auch Stiftung Warentest bestätige: Man könne daher auch bisher einen Berufswechsel nach Zustandekommen eines Vertrages – beispielsweise vom „risikoarmen“ Rechtsanwalt zum „risikoreichen“ Taxifahrer – nicht verhindern und müsse deswegen Sicherheitspolster einkalkulieren;
- Missverständnisse bei der Bezeichnung des Berufs durch die Antragssteller im Versicherungsantrag könnten im Leistungsfall zu Streit führen. Beispielsweise, wenn der Kunde seinen erlernten Beruf angegeben hat, der Versicherer jedoch den zum Zeitpunkt der Antragsstellung aktuell ausgeübten Beruf wissen wollte. Unter Umständen könne das zu Leistungskürzungen führen: UniJob -Tarife können den Kunden vor solchen Kürzungen bewahren – und den Versicherer vor Vorwürfen, eh nicht leisten zu wollen;
- Der Kalkulationsaufwand wird für die Versicherer einfacher und Fehler auch beim Vertrieb reduziert, wenn der Beruf der zukünftigen Kunden keine Auswirkungen auf die Prämie mehr habe;
- Die Deutschen Lebensversicherer könnten durch die freiwillige Einführung von UniJob -Tarifen unter Beweis stellen, dass sie ihrer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung tatsächlich nachkommen. Das stärke sie bei zukünftig zu erwartenden Auseinandersetzungen mit Politik und Verbraucherschutz.
Letztlich wolle man die Chance nutzen, aus eigenem Antrieb eine Lösung zu finden, bevor der Gesetzgeber erneut einschreite. Das könne allerdings nur funktionieren, wenn alle Versicherer auch wirklich mitmachten. Ein neuer „Code of Conduct UniJob“ solle das nun sicherstellen.
Da sind wir mal gespannt und werden auf www.helberg.info weiter berichten.
Kommentare zu diesem Beitrag
Hallo Matthias,
das wäre wirklich eine grandiose Idee 🙂
Vielleicht erleben wir es ja doch irgendwann, dass Versicherer wieder solidarischer kalkulieren und trotzdem Geld verdienen können.
Das hätte Vorteile für alle Beteiligten.
Schöne Ostertage mit vielen Grüßen aus Berlin wünscht dir
– Hans Steup
Hallo Hans, na klar werden wir das noch erleben!
Schöne Feiertage!