Schadenfreiheit, Rabattretter und Rabattschutz: Das System der KFZ –Haftpflicht und Vollkasko-Versicherung in Deutschland beruht auf der Einstellung, dass Kunden, die ihrem Versicherer keine Schadenskosten bereiten, durch niedrigere Versicherungsprämien belohnt werden sollen. Wer hingegen einen oder gar mehr Schäden in einem Kalenderjahr im Rahmen eines Versicherungsvertrages mit seinem Versicherer abrechnet, wird mit höheren Versicherungsprämien im Folgejahr bedacht.
Zu diesem Zweck wurde ein Schadenfreiheits-Rabattsystem eingeführt, das sich stets auf einen KFZ -Vertrag bezieht, mit dem 1 Fahrzeug versichert werden kann. Anders als in anderen europäischen Staaten ist der Rabatt also nicht an den Fahrer gebunden, sondern an einen bestimmten Vertrag. Hat man mehrere Fahrzeuge zugelassen, gilt für jedes Fahrzeug ein eigener Schadensverlauf und damit ein eigener Rabatt (Ausnahme: Fahrzeugflotten von Unternehmen).
Während die KFZ -Teilkaskoversicherung stets bei einem Beitragssatz von 100% bleibt, gibt es weitestgehend unabhängig voneinander das Schadensfreiheits-Rabattsystem sowohl für die KFZ -Haftpflichtversicherung, als auch für die KFZ -Vollkaskoversicherung. Der Anzahl der schadenfreien Jahre, ausgedrückt in einer SF-Klasse, werden Beitragssätze für die Versicherungsprämie zugeordnet, ausgedrückt in einem %-Satz. „Ich fahre auf 30%“ würde zum Beispiel bedeuten, dass man in der KFZ -Haftpflichtversicherung für einen PKW in der Regel mindestens 22 schadensfreie Jahre und damit die SF-Klasse 22 erfahren hat. Fahranfänger werden bei Zulassung eines eigenen PKW hingegen – sofern sie keinerlei begünstigende Umstände (Führerscheindauer, Übernahme eines Vertrages, Partnervertrag, Elternvertrag etc.) nachweisen können – von vielen Versicherern in die SF-Klasse 0 eingestuft, was einem Prozentsatz von rund 240% in der Haftpflichtversicherung entspricht.
Damit alles etwas komplizierter wird, unterscheiden sich SF-Klassen und Beitragssätze auch in Abhängigkeit vom Fahrzeugtyp, also z.B. PKW, LKW, oder KRAD.
Im übrigen sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich der Beitragssatz allein nicht zum Preis-Vergleich unterschiedlicher Tarife eignet, denn 30% Beitragssatz bei einem Versicherer können leicht einen höheren Beitrag ergeben, als 40% bei einem anderen Versicherer – man muss also gucken, was „unter dem Strich“ steht.
Welcher Beitragssatz welcher SF-Klasse zugeordnet wird, wie Weiter- und Rückstufungen vorgenommen werden, können Sie den Versicherungsbedingungen Ihres KFZ -Vertrages (AKB) entnehmen, meist in Form von Tabellen im Anhang.
Hochstufungen und Rückstufungen
Für jedes schadensfrei verlaufene Jahr erfolgt im Folgejahr die Einstufung in eine bessere SF-Klasse. Im Fall eines Schadens – auch wenn der Versicherer nur Rückstellungen dafür gebildet hat und noch kein Geld gezahlt hat – erfolgt im Folgejahr eine Rückstufung in eine schlechtere SF-Klasse. Welcher Beitragssatz welcher SF-Klasse entspricht und wie hoch die Rückstufung in einem Schadensfall ist, ist abhängig von dem gewählten Versicherer und Tarif. In aller Regel gilt, dass eine Rückstufung in einem Schadensfall auch mit einem höheren Beitragssatz, also höheren Versicherungsprämien verbunden ist, während nicht jede bessere SF-Klasse nach Schadensfreiheit auch gleich mit einem niedrigeren Beitragssatz verbunden ist.
So dauert es bei vielen Versicherern zum Beispiel 4 Jahre, bis man von 40% (SF 12) auf 35% (SF 16) eingestuft wird und nochmals 6 Jahre, bis man 30% (SF 22) erlangen kann. Hingegen gibt es Versicherungstarife bei denen man nach einem einzigen Schaden von 30% (SF 22) nach 45% (SF 9) in der KFZ -Haftpflicht oder 50% (SF 10) in der Vollkasko zurückgestuft wird.
Um so wertvoller sind also die schadensfreien Jahre für den Versicherungsnehmer.
Wechselt man den Versicherer, können die schadensfreien Jahre, ausgedrückt durch das Rabattgrundjahr und die Anzahl der Schäden, innerhalb bestimmter Zeiträume zum neuen Versicherer übernommen werden. Für diesen Zweck wird in der Regel durch einen Neuantrag der zukünftige Versicherer bevollmächtigt, den Schadensverlauf beim bisherigen Versicherer abzufragen. Dieser ist verpflichtet, die entsprechenden Daten mitzuteilen. Es gibt Versicherer, die Schadenfreiheitsrabatte noch 7 Jahre oder länger nach dem Ruhen eines Vorvertrages übernehmen.
Unterscheidung Rabattretter und Rabattschutz
Da – wie oben beschrieben – insbesondere ein hoher Schadensfreiheitsrabatt für den Versicherungsnehmer sehr wertvoll sein kann, stellt sich die Frage: „Wie kann ich mir meinen Rabatt sichern?“ Die Antwort ist simpel: Keinen Schaden verursachen oder überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, kleinere Schäden auch vom Versicherer regulieren zu lassen! Aber auch darüber hinaus gibt es zwischenzeitlich mit dem sogenannten „Rabattretter“ und „Rabattschutz“ zwei unterschiedliche Möglichkeiten, selbst im Schadensfall eine dadurch bedingte höhere Versicherungsprämie im Folgejahr zu vermeiden.
„ Rabattretter “ gibt es bereits seit vielen Jahren. Sie funktionieren nach dem Prinzip, dass man nach einem Schadensfall zwar in der SF-Klasse zurückgestuft wird, aber nur innerhalb des gleichen Beitragssatzes. Viele – aber längst nicht alle – Versicherungstarife sehen zum Beispiel nach einem Schaden in der KFZ –Haftpflichtversicherung, der sich in der SF-Klasse 25 (30%) ereignet, eine Rückstufung im Folgejahr nur bis auf SF 22 vor, für die ebenfalls ein Beitragssatz von 30% gilt. Man verliert also 3 schadensfreie Jahre, bleibt aber beim gleichen Beitragssatz (sofern es bei diesem einen Schaden bleibt…). Es gibt jedoch auch Versicherungstarife, die nach einem einzigen Schaden in der Haftpflichtversicherung für einen PKW von SF 25 nach SF 10 zurückstufen: Man verliert dort also satte 15 schadensfreie Jahre und die Versicherungsprämie steigt um die Hälfte (von 30% auf 45%).
Aktualisierung: Achtung – neue Rabatt-Stafel ab in der KFZ Versicherung.
„ Rabattschutz “ ist ein relativ neuer Einfall der Versicherungswirtschaft. Bei dessen Vereinbarung, meist gegen eine Zusatzprämie, wird so getan, als ob es den Schaden nicht gegeben hätte: Trotz eines Schadens erfolgt im Folgejahr eine Einstufung in eine bessere SF-Klasse. Das kann sich natürlich positiv für den Versicherungsnehmer auswirken, hat aber die Kehrseite, dass bei fast allen Versicherungstarifen diese besondere Einstufung entfällt, wenn der Versicherer gewechselt wird. Der neue Versicherer stuft den Vertrag also ganz normal ein und nimmt eine eventuelle Rückstufung nach einem Schaden beim Vorversicherer vor. Der „Rabattschutz“ ist daher in erster Linie auch ein Kundenbindungsprogramm der Versicherer – allerdings eines, was durchaus seine Vorteile haben kann, wenn man nicht geneigt ist, den Versicherer zu wechseln.
Auf dem Deutschen Versicherungsmarkt gibt es die unterschiedlichsten Bedingungen, unter denen ein Rabattschutz möglich ist, meist gebunden an eine Mindest-Schadenfreiheitsklasse, ein Mindest-Fahreralter, einen bestimmten Nutzerkreis usw. Details würden den Rahmen dieser Information sprengen.
Rabattretter und Rabattschutz kommen Ihnen kompliziert vor? Das ist kein Wunder. Leider nimmt es zusätzlich auch nicht jeder Versicherer so genau mit dem Auseinanderhalten von Rabattretter und Rabattschutz. Wie auch ein sehr großer Deutscher Versicherer die Begriffe Rabattschutz und Rabattretter durcheinander wirft, lesen Sie hier.