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Versicherungsblog mit Schwerpunkt Berufsunfähigkeitsversicherung, Risikolebensversicherung und Verbraucherschutz.
23
Jun
2015

In dubio pro Versicherungskunde

Kategorie: BU-Versicherung, Verbraucherschutz  ·  Autor: Matthias Helberg  ·  0 Kommentare

Die Sendung Markt auf NDR berichtete gestern (einmal mehr) über Versicherte, die große Schwierigkeiten haben, Ihre Berufsunfähigkeit anerkannt zu bekommen. Woran es hapert.

In dubio pro Versicherungskunde. Grafikquelle: colourbox.com

„Die Tricks der Versicherer“ nennt der NDR seinen Beitrag, der am 22.06.2015 auf NDR3 lief. Dort in der Mediathek können Sie sich den Beitrag noch eine Weile ansehen. Darin vorgestellt werden zwei Fälle von Versicherten, die extreme Probleme haben, ihre Berufsunfähigkeit von der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung anerkannt zu bekommen.


Zwei Problemfälle…

Im ersten Fall ging es um einen Techniker von Solaranlagen, der seit 3 Jahren nicht mehr arbeiten kann. Diagnose: Multiple Sklerose. Sein BU-Vertrag bei der Generali ist 16 Jahre alt. Die Reha-Einrichtung bescheinigte, dass er kaum mehr als 3 Stunden am Tag arbeiten kann, aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält er sogar eine volle Erwerbsminderungsrente und hat mittlerweile einen anerkannten Grad der Behinderung von 70%. Die Generali ließ aber lieber ein eigenes Gutachten erstellen, dass zumindest einen Passus enthält, dass „Testergebnisse als Simulation“ verstanden werden müssen.

Im zweiten Fall ging es um einen Fleischer, der sage und schreibe seit 12 Jahren nicht mehr seinen Beruf ausüben kann. Diagnose: Gelenkverschleiß in beiden Schultern. Seit 10 Jahren liegt er mit seinem BU Versicherer, der AachenMünchener (gehört ebenfalls zum Generali-Konzern) vor Gericht. Ob hier eine Berufsunfähigkeit, eine Erwerbsunfähigkeit, oder ein Grad der Behinderung von anderer Seite bereits festgestellt wurde, geht aus dem Beitrag nicht hervor. Nur soviel: Es gibt unterschiedliche Gutachten, die mal Berufsunfähigkeit feststellen und mal nicht. Ob es hier „nur“ um den Grad der Berufsunfähigkeit geht, oder auch um eine abstrakte Verweisung? Details fehlen leider. Der Versicherer hat jedenfalls offenbar einen Vergleich angeboten, der aber vom Versicherten nicht angenommen wurde.

Mehr Fakten zu den Hintergründen gingen aus dem NDR Markt Beitrag nicht hervor.


… sind zwei zu viel.

Jeder negative Einzelfall ist ein Einzelfall zu viel. Die Öffentlichkeit tut sich schwer mit den großen Zahlen: Bei 17.000.000 Berufsunfähigkeitsverträgen wären 1.700 Problemfälle ganze 0,01%. Berufsunfähigkeitsversicherungen funktionieren sehr wohl, allerdings ist in 2 Phasen professionelle Hilfe extrem sinnvoll: Beim Abschluss UND im Leistungsfall. Das wäre übrigens auch ein sinnvoller Tipp für die Zuschauer gewesen.


In dubio pro Versicherungskunde

In unserem Strafrechtssystem haben wir den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“, „in dubio pro reo„, wie der Lateiner sagt.

Warum leben wir in der Versicherungsbranche nicht einen ähnlichen Grundsatz „Im Zweifelsfall für den Versicherungskunden“?

Ja sicher, das kostet Geld und schlimmer noch, es kostet (bei einigen) den Willen zur Veränderung. Ganz bestimmt kann man auch viele Sachverhalte aus unterschiedlicher Perspektive bewerten und unterschiedlicher Meinung sein. Manches muss ausgefochten werden und nicht jeder, der sich selbst für leistungsberechtigt hält, ist es auch tatsächlich.

Sich als Versicherer in solchen Fällen, wie den oben genannten, pro Kunde zu entscheiden, wäre für die ganze Branche so viel sinnvoller, als jeder „Verhaltenskodex“ und alle Werbekampagnen zusammen.

Wenn es um die elementarste Frage eines ehrlichen Versicherungskunden geht, um „hilft mir meine Versicherung, wenn ich sie in großer Not wirklich brauche?“, sollte man als Versicherer ein Gespür dafür haben, dass ein „Nein“ von der Öffentlichkeit gern und schnell als Geschäftsmodell interpretiert wird.


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