Sie kennen die Innovationsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung noch nicht?
Das ist auch kein Wunder. Denn noch gibt es in der Berufsunfähigkeitsversicherung eine solche Innovationsklausel nicht – im Gegensatz zu inzwischen so einigen Haftpflicht- und Sachversicherungs-Tarifen.
Innovationsklauseln
In solchen Haftpflicht- und Sachversicherungs-Tarifen besagt eine solche Innovationsklausel, dass später eingeführte Verbesserungen / Erweiterungen des Versicherungsschutzes („künftige Bedingungsverbesserungen“) automatisch auch für bestehende Verträge gelten, sofern sie für den Kunden nicht mit einer Beitragserhöhung verbunden sind.
So kann eine solche Klausel beispielsweise lauten:
Wenn wir ein Bedingungswerk verbessern, gilt dieses unter folgenden Voraussetzungen automatisch auch für bestehende Verträge:
a) die geänderten Bedingungen enthalten keine Regelungen, die sich nachteilig für die Versicherungsnehmer auswirken können,
b) die verbesserten Bedingungen sind für die Kunden nicht mit einem Mehrbeitrag verbunden.
In der Berufsunfähigkeitsversicherung eine Innovationsklausel?
Ich sehe schon wieder einige Kollegen und Branchenteilnehmer die Stirn runzeln: Das war schließlich auch bei unserer Aktion zur Wunsch-BU so. Wenn man sich allerdings am Bedarf der Kunden orientiert, dann wird man meiner Meinung nach immer wieder auf neue Herausforderungen stoßen, für die Lösungen gebraucht werden.
Auf die Berufsunfähigkeitsversicherung bezogen bedeutet das: Wir haben derzeit Vertragslaufzeiten von teilweise 40 Jahren oder mehr. Mit Stand heute stehen die bei Abschluss geltenden Versicherungsbedingungen ab Beginn für die gesamte Vertragslaufzeit fest – und können nur bei Eingreifen des Gesetzgebers oder höchstrichterlicher Rechtssprechung geändert werden.
Auswirkung der fehlenden Innovationsklausel
Ein kleines Beispiel: Gerade ab diesem Jahr haben einige Versicherer ihre Versicherungsbedingungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung dahingehend geändert, dass nun auch Leistungen bereits ab 6 monatiger Arbeitsunfähigkeit erbracht werden können („Arbeitsunfähigkeitsklausel„). Wenn nun jemand gerade im vergangen Jahr eine BU ohne einen solchen Baustein abgeschlossen hat (weil er noch nicht angeboten wurde) und nun diesen Leistungsbaustein gerne hätte, kann er: Seinen bestehenden Vertrag kündigen und einen neue BU mit AU-Klausel beantragen. Eine andere Möglichkeit gibt es einfach nicht.
Für Kunden, Vermittler und Versicherer ist das mit enormen Aufwand verbunden. Für die Kunden ist es zusätzlich mit dem Risiko verbunden, dass sich neu eingetretene Diagnosen, ausgeübte Sportarten, Änderungen im Beruf, neu erfasste Risikomerkmale negativ auf den Versicherungsschutz auswirken.
Eine Innovationsklausel ist auch für Versicherer positiv
Hier wünsche ich mir Versicherer, die eine Lösung schaffen: Nämlich das Recht für die Kunden, spätere Bedingungsverbesserungen (ohne erneute vollständige Gesundheitsprüfung) gegen einen zusätzlichen Beitrag zu einem bestehenden Vertrag dazu buchen zu können.
Auch für die Lebensversicherer wäre das meines Erachtens positiv: Bedeutete eine solche Innovationsklausel doch zusätzliches Geschäftspotential, eine bessere Kundenbindung, weniger Storno und Umdeckungen. Liebe Aktuare, das muss doch zu kalkulieren sein?
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Nachtrag vom 29.06.2020:
Noch immer hat kein uns bekannter Lebensversicherer eine solche Innovationsklausel in seine Versicherungsbedingungen zur Berufsunfähigkeitsversicherung aufgenommen. Das ist schade.
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