GAU nennt man bei Atomkraftwerken den größten anzunehmenden Unfall. Folglich nennen wir „BU-GAU“ das Schlimmste, was Ihnen mit Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung passieren kann: Sie zahlen Ihre Beiträge. Sie werden berufsunfähig. Aber die Versicherung zahlt die Rente nicht.
Stattdessen wirft man Ihnen Falschangaben beim Vertragsschluss vor, eine sogenannte vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung. In schweren Fällen auch eine arglistige Täuschung. Der Versicherer ficht den Vertrag an. Dann haben Sie Beiträge gezahlt, bekommen aber die Berufsunfähigkeitsrente nicht. Der Versicherer kann Ihre Beiträge behalten, der Vertrag erlischt und Sie bekommen auch keinen neuen mehr. Eben ein echter BU-GAU.

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BU-GAU: Der Briefträger klingelt an der Tür
So erging es schon einigen: Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist abgeschlossen und seitdem sind ein paar Jahre ins Land gezogen. Nun führt ein Unfall, eine schwere Krankheit oder ein sich stets verschlechternder Krankheitsverlauf dazu, dass die Berufsunfähigkeitsrente beantragt werden muss.
Der Berufsunfähigkeits-Versicherer schickt umfangreiche Fragebögen an den Versicherten und fragt bei Ärzten, Krankenhäusern, weiteren Behandlern, Krankenkassen, Deutscher Rentenversicherung und bei anderen Versicherungsgesellschaften nach den dort vorliegenden Diagnosen. Allerdings nicht nur nach den aktuellen Diagnosen, sondern auch aus dem Zeitraum, nach dem er beim Abschluss der Versicherung im Antragsformular gefragt hat: Folglich aus einer Zeit, längst bevor der Versicherungsvertrag überhaupt begonnen hatte.
Nach ein paar Wochen klingelt es dann an der Haustür: Der Briefträger hat ein Einschreiben vom Versicherer in der Hand:

Die wichtigsten Passagen aus dem Schreiben lauten:
„Wir sprechen deshalb den Rücktritt von der Berufsunfähigkeitsversicherung aus (…) sehen uns daher gezwungen, die Berufsunfähigkeitsversicherung zusätzlich anzufechten (…) Der Versicherungsvertrag ist somit erloschen. Ein auszahlbarer Rückkaufswert steht hieraus nicht zur Verfügung.“
Folglich ist Ihr Vertrag weg, einen neuen bekommen Sie nicht, Ihre Beiträge sind weg, eine BU-Rente gibt es nicht. Da passt der Begriff BU-GAU doch, oder?
Wie kommt es zum BU-GAU?
Obwohl viele Leute geneigt sind, gleich die Schuld einzig beim Versicherer zu suchen, gibt es unterschiedliche Gründe, wie es zu einem BU-GAU kommen kann:
- Erstens: Man liest als Kunde die Fragen einfach nicht richtig. Es ist unangenehm, intimste gesundheitliche Fragen mit „JA“ zu beantworten. Denn man hat schon so ein Gefühl, dass weitere unangenehme Fragen folgen werden. Also kreuzt man lieber gleich das „NEIN“ an;
- Zweitens: Der Versicherungsvermittler (egal ob Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler, oder Versicherungsberater) hat erzählt, dass man Krankheit XYZ nicht angeben müsse, weil das nicht gemeint sei. Obwohl es einem komisch vorkommt, hört man darauf und kreuzt „NEIN“ an;
- Drittens: Man unterschreibt den Antrag blanko und auf wundersame Art und Weise sind dann alle Gesundheitsfragen mit „Nein“ beantwortet, wenn der Antrag bei der Versicherungsgesellschaft ankommt;
- Viertens: Man gibt alles nach bestem Wissen und Gewissen an. Die eigenen Ärzte haben aber viel schlimmere Diagnosen gespeichert und mit der Krankenkasse abgerechnet. Erst wenn man berufsunfähig ist, stellt sich das heraus. Da nach Aktenlage entschieden wird, geht der Versicherer automatisch davon aus, dass man absichtlich falsche Angaben gemacht hat;
- Fünftens: Man denkt, schlauer als der Versicherer zu sein, oder hofft, dass schon alles gut gehen wird. Folglich macht man tatsächlich bewusst und absichtlich falsche Angaben, da man ahnt, keinen Vertrag zu bekommen, wenn man ehrlich wäre.
Alle fünf Gründe können aus Sicht der Leistungsprüfer bei den Versicherern danach aussehen, dass Sie absichtlich falsche Angaben gemacht haben, um ihn zu täuschen. Wegen der Rechtslage müssen die Versicherer kurzfristig reagieren, wenn sie von Falschangaben erfahren. Folglich wird nicht lange diskutiert, der Versicherer schickt zügig ein Einschreiben, wie das oben erwähnte.

Wie Sie Ihren BU-GAU verhindern
Damit Sie mit Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung keinen BU-GAU erleben, hier unsere fünf Tipps, wie Sie ihn verhindern:
- Arbeiten Sie Ihre Gesundheitshistorie auf, noch bevor Sie sich irgendeinen Anbieter aussuchen. Fragen Sie bei Ihren Ärzten und der Krankenkasse, welche Diagnosen über Sie gespeichert sind. Falls die Informationen nicht ausreichen, fragen Sie auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres Bundeslandes;
- Geben Sie alle Diagnosen / Behandlungen / Beschwerden an, nach denen der Versicherer fragt;
- Selbst wenn Sie meinen, mit Diagnose XYZ kein Problem zu bekommen, lassen Sie lieber eine anonymisierte Risikovoranfrage durchführen, bevor Sie einen Antrag „in’s Blaue“ stellen;
- Wenn Sie sich für einen Versicherer entschieden haben, lesen Sie dessen Antragsfragen nochmals sehr aufmerksam durch und beantworten Sie sie so ehrlich, vollständig und gut wie möglich. Das gilt nicht etwa nur für die Gesundheitsfragen, sondern für alle Fragen. Also auch solche zum Beruf, zu Sportarten, geplanten Auslandsaufenthalten, bestehenden oder beantragten Versicherungsverträgen und und und;
- Lassen Sie sich auf jeden Fall eine Kopie des von Ihnen unterschriebenen Antrages aushändigen, oder machen Sie sich selbst eine Kopie. Falls Sie misstrauisch werden, ob Ihr Antrag auch ohne negative Veränderungen beim Versicherer angekommen ist, können Sie von ihm jederzeit eine Kopie Ihres dort vorliegenden Antrages verlangen. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 3 Absatz 4 VVG.

Weiterführende Links
- Blogbeitrag: Die Angst vor dem „Ja“ – bei Gesundheitsfragen im BU-Antrag
- Wie oft wird eine Berufsunfähigkeit anerkannt?
- Blogbeitrag: „Vor einigen Wochen wurde bei mir die Diagnose Multiple Sklerose gestellt“
- Berufsunfähigkeitsrente bekommen? Hier klappt es:
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Zuletzt aktualisiert am 02.04.2022 BU-GAU