Was die abstrakte Verweisung für Arbeitnehmer ist, ist die Umorganisationsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung für Selbstständige und Freiberufler: Wenn sie ihren Betrieb so umgestalten können, dass sie weiter arbeiten können, gelten Selbstständige eventuell nicht als berufsunfähig.
Inhaltsverzeichnis
- Umorganisationsklausel: Wen betrifft sie?
- Was besagt eine Umorganisationsklausel?
- Ein Beispiel für die Anwendung der Umorganisationsklausel
- Wer bezahlt die Umorganisation?
- Beispiel für eine ungünstige Umorganisationsklausel
- Beispiel für eine bessere Umorganisationsklausel
- Weiterführende Links
- Anfrage stellen
Umorganisationsklausel: Wen betrifft sie?
Die Umorgansiationsklausel in den Versicherungsbedingungen einer BU-Versicherung betrifft vor allem Selbstständige und Freiberufler. Aber auch Gesellschafter-Geschäftsführer, leitende Angestellte oder mitarbeitende Gesellschafter können betroffen sein. Die unterschiedlichen Versicherer wenden die Umorganisationsklausel auf unterschiedliche Personengruppen an. Im Grund genommen kann jeder Erwerbstätige betroffen sein, der selbst seinen Arbeitsplatz und seine berufliche Tätigkeit gestalten kann, also nicht weisungsgebunden ist.
Was besagt eine Umorganisationsklausel?
Der Kern einer Umorganisationsklausel besteht darin, dass der Versicherte nicht als berufsunfähig anerkannt wird, wenn er durch eine andere Aufgabenverteilung, technische Hilfsmittel oder Fortbildungsmaßnahmen im eigenen Betrieb weiterhin berufstätig sein kann. Und zwar mit der bisherigen Lebensstellung, also einem vergleichbaren Ansehen und vergleichbarem Einkommen.
Ein Beispiel für die Anwendung der Umorganisationsklausel
Der Inhaber eines Bioladens fährt zusammen mit seinem Angestellten zum Großmarkt zum Einkaufen. Sie laden kistenweise Ware in ihren Lieferwagen, fahren zum Laden und befüllen dort die Regale. Der Angestellte bedient auch die Kunden. Der Inhaber ist für die Betriebsorgansiation (Buchhaltung, Marketing, etc.) zuständig und steht täglich mindestens 4 Stunden auch selber im Laden.
Durch zwei Bandscheibenvorfälle innerhalb kurzer Zeit kann der Inhaber weder noch Waren transportieren, Regale ein- oder ausräumen, noch mehr als 1 Stunde am Tag Kunden bedienen. Als Angestellter wäre er damit berufsunfähig.
Was wird in Sachen Umorganisation geprüft?
Da er Selbstständig ist, behält sich der Versicherer eine Prüfung vor, ob die Betriebsabläufe anders organisiert werden können. Und zwar so, dass der Inhaber weiterhin seinen Bioladen führen kann – und der Versicherer sich die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente spart.
Kann ein weiterer Angestellter Arbeiten des Inhabers übernehmen? Gibt es technische Möglichkeiten, die schweren Kisten besser zu transportieren? Kann man die Waren anliefern lassen, statt sie selber zu holen? Rechnet sich das dann noch?
Solche Fragen können im Rahmen der Umorganisation geprüft werden, wenn die Berufsunfähigkeitsversicherung eine Umorganisationsklausel enthält. Allerdings – und das ist wichtig: Eben nicht beliebig, sondern unter Wahrung der bisherigen Lebensstellung. Das Ansehen eines Bioladen-Inhabers muss also berücksichtigt werden und die Einkommenseinbußen dürfen nicht zu groß sein.
Wer bezahlt die Umorganisation?
Einige Versicherer beteiligen sich an den Kosten einer Umorganisation, wenn damit die Berufsunfähigkeit des Betroffenen vermieden werden kann. Summen von sechs bis zwölf Monatsrenten sind möglich.

Beispiel für eine ungünstige Umorganisationsklausel
„Bei Selbstständigen und Freiberuflern sowie bei mitarbeitenden Gesellschaftern prüfen wir zusätzlich, ob eine Umorganisation des Arbeitsplatzes sowie des Tätigkeitsbereichs der versicherten Person zumutbar ist. (…) Eine Berufsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn die versicherte Person ihren Arbeitsplatz, sowie ihren Tätigkeitsbereich in zumutbarer Weise umorganisieren kann und eine Beeinträchtigung der bisherigen Lebensstellung dadurch nicht eintritt. Eine Umorganisation ist zumutbar, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
· Sie ist aufgrund der vorhandenen Ausbildung und Fähigkeiten möglich.
· Sie ist aufgrund der Betriebsstruktur möglich.
· Sie erfordert keinen erheblichen Kapitalaufwand.
· Sie ist wirtschaftlich zweckmäßig.“
Ungüstig ist diese Klausel deshalb, weil zum einen die Klausel auch auf mitarbeitende Gesellschafter angewendet wird. Desweiteren wird nicht weiter klargestellt, was man sich unter „zumutbar“, „erheblichem“ Kapitalaufwand und wirtschaftlich „zweckmäßig“ vorzustellen hat.
Beispiel für eine bessere Umorganisationsklausel
Positiver können Umorganisationsklauseln formuliert sein, wenn sie Passagen wie die folgenden enthalten:
„Wir verzichten in folgendem Fall darauf, die Umorganisation des Betriebs abstrakt zu prüfen:
– Der Selbständige hat eine akademische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und
– er übt in seiner täglichen Arbeitszeit mindestens zu 90 % kaufmännische oder organisatorische Tätigkeiten aus.“„Wenn wir nicht leisten, weil der Versicherte seinen Betrieb umorganisieren könnte, zahlen wir eine einmalige Hilfe. Diese beträgt sechs Monatsrenten.“
„Die neue Tätigkeit und die Umorganisation des Betriebs sind zumutbar, wenn Folgendes gilt: Die neue Tätigkeit geht nicht zu Lasten der Gesundheit des Versicherten und das jährliche Bruttoeinkommen beträgt mehr als 80 % des jährlichen Bruttoeinkommens im zuletzt ausgeübten Beruf. Statt des jährlichen Bruttoeinkommens ist bei Selbständigen der Gewinn vor Steuern entscheidend.“
„Auf eine Prüfung der Umorganisation bei Betrieben mit weniger als 5 Mitarbeitern verzichten wir.“
Günstiger sind diese Formulierungen, weil sie konkreter die Voraussetzungen für die Anwendung der Umorganisationsklausel beschreiben.

Weiterführende Links
- Berufsunfähigkeitsversicherung für Selbstständige
- Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärzte
- BU-Versicherung für Rechtsanwälte
- BU-Versicherung für Architekten
- Berufsunfähigkeitsversicherung für Steuerberater
- Vom Krankentagegeld zur Berufsunfähigkeitsrente
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Zuletzt geändert am 09.04.2022 Umorganisationsklausel