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Helbergs Versicherungsblog
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21
Jan
2013

Lange Leitung bei der Inter Versicherungsgruppe?

Kategorie: Fall der Woche, Verbraucherschutz  ·  Autor: Matthias Helberg  ·  2 Kommentare

Wer beabsichtigt, der Inter Versicherungsgruppe ein Fax zu senden, sollte damit rechnen, dass der Empfang bei der Inter drei Tage dauern kann. So lautet jedenfalls mein Resümee aus der bisherigen Korrespondenz mit der Inter. Müssen Versicherungsvermittler drei Tage Empfangsdauer für ein Fax nun nicht nur bei Vertragskündigungen, sondern auch bei Anträgen und Deckungsaufträgen an die Inter Versicherungsgruppe einkalkulieren?

 

Makler Alltag: Vertragskündigung

Manche Versicherungsverträge, wie Lebens- oder Krankenversicherungen, sollen viele Jahre, oder gar Jahrzehnte halten. In anderen Versicherungssparten wie Haftpflicht- oder Sachversicherungen ändern sich die Konditionen und Beiträge häufiger, sodass eine Aktualisierung des Tarifs, oder ein Wechsel des Anbieters alle paar Jahre vorkommen kann. Wenn ein Vertrag beim bisherigen Versicherer nicht mehr gewünscht wird, muss der alte Vertrag gekündigt und ein neuer Vertrag abgeschlossen werden. Versicherungsmakler, die von ihren Kunden ( Mandanten) entsprechend eine Maklervollmacht erhalten haben, nehmen diese Tätigkeiten ihren Kunden ab: Der Makler ermittelt die entsprechenden Fristen, besorgt im Namen seiner Kunden neuen Versicherungsschutz und kündigt die bisherige Versicherung. Der Kunde trifft die Entscheidungen, wird informiert, hat aber mit dem ganzen Procedere ansonsten nicht viel zu tun. Das ist Makler Alltag.

 

Kündigung via Fax

Viele Versicherer sind recht großzügig, wenn es um den Abschluss neuer Versicherungsverträge geht: Sie bearbeiten derlei Anträge, die online ankommen, als pdf – Dokument und natürlich als Fax. Nur bei Vertragskündigungen sehen viele Versicherer genauer hin, was Form und insbesondere Fristen der Kündigung angeht. Darauf kann man sich einstellen.  Und trotzdem wundert es einen auch nach vielen Jahren in der Branche, mit welch hanebüchenen Aussagen hier und da ein Versicherer den Kundenwunsch nach Beendigung eines Vertrages zurückzuweisen gedenkt. So auch hier die Inter Versicherungsgruppe.

Der „Fall“: Eine Privathaftpflichtversicherung läuft bis zum 01.03.2013. Letzter Kündigungstermin für eine ordentliche Kündigung war entsprechend der 30.11.2012. Wir kündigten den Vertrag bei der Inter Versicherungsgruppe entsprechend am 30.11.2012 per Fax – natürlich mit Dokumentation des Sendeberichtes:

Fax Kündigung mit Sendeprotokoll an die Inter Versicherungsgruppe

 

Die Antwort der Inter Versicherungsgruppe auf die Fax Kündigung

Ich staunte nicht schlecht, als ein paar Tage später die Antwort der Inter Versicherungsgruppe eintraf:

Lange Leitung bei der Inter Versicherungsgruppe

Unser am 30.11. abgesandtes Fax soll bei der Inter also erst am 03.12. eingegangen sein – ein klarer Hinweis auf eine lange Leitung – oder vielleicht nur ein Fehler? Man soll ja an das positive am Menschen glauben – und Fehler passieren nun einmal allen. Entsprechend sandte ich nun nochmals das Kündigungsfax samt Sendebericht an die Inter Versicherungsgruppe, wies auf die rechtzeitige Kündigung hin und bestand auf die Kündigung zum 01.03.2013.

Heute, am 21.01.2013, kam das nächste Schreiben der Inter Versicherungsgruppe:

Man habe die Faxeingänge geprüft und könne den Eingang nicht an Hand des Sendeberichtes feststellen. Kündigungen seien empfangsbedürftige Willenserklärungen, die ihre Wirkung nur mit Zugang beim Empfänger entfalten könnten. Ein Fax-Sendebericht sei kein Nachweis für den Zugang der Nachricht bei der Inter. „Die Gefahr für den Untergang der Nachricht auf dem Versandweg können wir nicht übernehmen.“ Die beabsichtigte Kündigung sei zum gewünschten Zeitpunkt nicht möglich.

Inter Versicherungsgruppe: „Kam ein Fax geflogen…“ ?

Liebe Inter Allgemeine Versicherung AG, wenn ein Kunde einen Vertrag kündigt, ist das doof. Das verstehe ich. Dass man dann schon mal gerne zicken möchte – nun ja. Wenn Ihr aber einerseits den Empfang eines Kündigungsschreibens am 03.12. im „Posteingang“ bestätigt, welches am 30.11. als Fax versandt wurde, müsst Ihr wohl eine ganz schön lange Leitung haben? Euren Faxeingang habt Ihr überprüft, konntet den Eingang aber an Hand unseres Sendeberichtes nicht feststellen? Ist Euch das Fax vielleicht zugeflogen?

Welchen Rat gebt Ihr nun Versicherungsvermittlern, die Euch per Fax Deckungsaufträge und Versicherungsanträge zusenden: Können die auch nicht auf ein Sendeprotokoll als Indiz für den Fax-Eingang bei Euch vertrauen? Das wäre nun eine logische Konsequenz, oder? Vor allem bei Versicherern, die schon mal ein paar Wochen für die Policierung benötigen. Wir werden das im Kollegenkreis mal diskutieren.

PS: Die meisten Verbraucher hätten wohl schon nach dem ersten Schreiben der Inter Versicherungsgruppe frustriert aufgegeben. Als Versicherungsmakler muss man da hartnäckiger sein. Fortsetzung folgt.

 

Nachtrag vom 15.02.2013: Lange Leitung bei der Inter Versicherungsgruppe?

Es folgte weitere Korrespondenz und heute die Antwort der Inter Allgemeine Versicherung AG:

„ohne rechtliche Prüfung möchten wir Entgegenkommen zeigen und bestätigen Ihnen hiermit die Vertragsauflösung zum 01.03.2013“

Briefumschlag der inter Versicherungsgruppe: Kompetenz. Fairness. Vertrauen.

 

Fazit: Hartnäckigkeit lohnt, Kuh vom Eis geholt

Hartnäckig bleiben hat sich einmal mehr für unsere Mandanten gelohnt. „Die Kuh ist vom Eis“. Über die Sache mit dem Vertrauen (siehe Claim der Inter auf dem Briefkopf oben) sollten wir nochmals sprechen…

 

Nachtrag vom 27.02.2013: Der ‚vt‘ nimmt sich des Thema an

Auch die Redaktion des versicherungstip aus dem markt intern Verlag findet das Thema spannend und hat den Vorstandsvorsitzenden der Inter, Peter Thomas, um eine Stellungnahme gebeten – die allerding noch aussteht. Der vt dazu: „(…) bei der Inter Versicherung AG brauchen womöglich nicht nur Faxe mehrere Tage, bis sie als ‚Eingang‘ datumsrelevant verbucht werden.“ Die Anfrage der Redaktion sei auch nach neun Arbeitstagen noch ohne Antwort. Warten wir also ab.

 

Nachtrag vom 07.03.2013: Der ‚vt‘ berichtet ausführlich

In der Ausgabe 10/2013 berichtet der versicherungstip (vt) aus dem markt intern Verlag ausführlich über diesen Fall. Herzlichen Dank an dieser Stelle an die vt-Redaktion und den Chefredakteur Erwin Hausen, auch für die Erlaubnis zur Veröffentlichung an dieser Stelle!

Nach dem der vt die Fakten des Falls beschreibt, heißt es dort unter der Überschrift:

Bei Inter Haftungsgefahr durch Fax-Einreichung von Deckungsaufträgen

– Zitatanfang –

(…) Wir fassen zusammen: Helberg hat ausweislich des der ‚vt’-Redaktion vorliegenden Kündigungsschreibens mit Fax-Sendebericht fristgerecht die Kündigung ausgesprochen, ein zusätzlicher Brief erfolgte nicht. Die Inter bestätigt einen Posteingang zum 03.12., kann aber trotz mehrfacher Überprüfung keine Kündigung im Faxjournal erkennen. Hat der damalige Papst Benedikt XVI ein Wunder bewirkt?

Diesem Mysterium auf die Spur kommen will die ‚vt’-Redaktion mit einer Anfrage am 13.02.2013 an den Inter Vorstandsvorsitzenden Peter Thomas. Wissen wollten wir u. a., welche Erklärung der Versicherer dafür hat, dass die Kündigung per Fax erfolgte, keine Kündigung im Faxjournal zu erkennen ist, die Inter aber dennoch am 03.12.2012 einen Posteingang verzeichnete. Ebenso: Gilt bei der Inter als Zugang eines Faxes das Datum der Versendung oder wenn das Fax auf dem Schreibtisch des Sachbearbeiters liegt? Auf die ‚vt’-Fragen hat die Inter bisher nicht geantwortet, aber immerhin kann Helberg am 15.02. eine Kündigungsbestätigung verzeichnen: „Ohne rechtliche Prüfung möchten wir Entgegenkommen zeigen und bestätigen Ihnen hiermit die Vertragsauflösung zum 01.03.2013.“ Der Einzelfall ist gelöst, aber das grundsätzliche Problem bleibt bestehen, denn Thomas antwortete uns auch auf diese Frage nicht: „Können Makler auf die Gültigkeit von per Fax eingereichten Deckungsaufträgen mit kurzfristigem Beginn vertrauen oder sollten Makler auf Deckungsaufträge mit kurzfristigem Beginn bei der Inter verzichten?“

Würde die Inter Fax-Sendeberichte bei Deckungsaufträgen gelten lassen, wäre sie u. E. besser beraten, dies Maklern auch so zu kommunizieren. Vorstandsvorsitzender Peter Thomas nutzt die von ‚vt’ angebotene Möglichkeit aber nicht. Gerne hätten wir Ihnen verraten, „auf welchem Wege ein Makler Deckungsaufträge bei der Inter einreichen“ sollte, „damit er im Falle eines bis zur Deckungsbestätigung bzw. der Policierung eingetretenen Schadens nicht haftet, da der Fax-Sendebericht von der Inter nicht als Beweis des Zugangs akzeptiert wird.“ Schließlich gilt auch für einen Brief „die Gefahr für den Untergang der Nachricht auf dem Versandweg“. Per Einschreiben wird es indes teuer, und selbst dann kann der Inhalt des Zugestellten bestritten werden. Helberg fasst pointiert zusammen: „Für die Mandantin ist ‚die Kuh vom Eis geholt’. Die Inter hat sich mit ihrer Aussage zur Nichtanerkennung von Fax-Sendeprotokollen selbst exakt dorthin manövriert und steht dort noch.“ Er kritisiert das Verhalten aus Sicht des Praktikers: „Hier schreibt ein Versicherer klar und deutlich, dass er Fax-Sendeberichte nicht gegen sich gelten lassen will. Ich stelle mir das nun für die Situationen vor, in denen man als Makler der Inter Deckungsaufträge mit kurzfristigem Beginn (Folgetag) zufaxt – durchaus üblich. Auf die Deckungsbestätigung oder Police wartet und wartet man, irgendwann fragt man dann mal nach – und dann ist kein Fax eingegangen? Und wenn es in der Zwischenzeit einen Schaden gab? Wird dann der Makler im Stich gelassen, weil man das Fax-Sendeprotokoll nicht als Beweis des Zugangs akzeptieren will?“

‚vt’-Fazit: ●● Der Bundesgerichtshof hat entsprechend der fortschreitenden technischen Entwicklung die ‚Telefax’-Rechtsprechung im Laufe der Jahre geändert, wenngleich er mit dem Urteil vom 21.07.2011 (Az.: IX ZR 148/10) der höheren Zuverlässigkeit der Faxübermittlung im Vergleich zum Postweg nicht Rechnung trägt: „Bei einer Telefax-Übermittlung begründet die ordnungsgemäße, durch einen ‚OK’-Vermerk unterlegte Absendung eines Schreibens (…) über ein bloßes Indiz hinaus nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger.“ Das sieht aber nicht jeder Senat bzw. jedes Gericht so, was wir für Sie noch eingehender beleuchten werden ●● Abseits der Rechtsprechung geht es aber hier um die Zuverlässigkeit bei Geschäftspartnerschaften. Hier werden u. E. von der Inter Geschütze aufgefahren, die weder dort was zu suchen haben, noch dem Stand der Technik Rechnung tragen. Das ‚Indiz‘ Fax-Sendebestätigung in Verbindung mit dem Einzelverbindungsnachweis nicht anzuerkennen, halten wir für brisant. Dem schließt sich die Frage nach der Anerkennung von Emails an ●● Die klare Positionierung der Inter zur Nichtanerkennung von Fax-Sendeberichten hat aber auch ihr Gutes: Als Makler wissen Sie nun, dass diese bei der Inter nicht anerkannt werden. Das sollten Sie berücksichtigen, um eine Haftungsgefahr zu vermeiden.

– Zitatende –

Hier können Sie die Seiten 1 + 2 des vt 10 /2013 downloaden – auch dafür Herzlichen Dank an die Redaktion des versicherungstip aus dem markt intern Verlag ! Meiner Meinung nach der beste unabhänge Informationsdienst für die Versicherungsbranche, der vielen Fach-Journalisten als Vorbild dienen sollte.

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Kommentare zu diesem Beitrag

Markus Rieksmeier  |   6. März 2013 um 19:22 Uhr

Suuuper, aus dem wirklich waren Leben. Das perlt! 😉

Andreas  |   5. Juli 2022 um 17:05 Uhr

Die Problematik scheint darin zu liegen, dass das Fax an einem Freitag um 18:30 Uhr und damit außerhalb der Geschäftszeiten übersandt wurde.

Der Zugang im zivilrechtlichen Sinne ist nämlich der Zeitpunkt, an dem unter normalen Umständen mit Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Dass in der Hauptverwaltung Freitagabends oder am Wochenende gearbeitet wird, ist jedoch nicht zu erwarten.

Damit ist die Auffassung des Zugangs am darauffolgenden Montag nicht so absurd wie es zunächst scheint. Wenn dies in Fällen, wo angenehmere Faxe eintreffen, anders gehandhabt wird, hinterlässt es allerdings ein Geschmäckle.

Aus rechtlicher Sicht ist jedoch zu empfehlen wichtige Erklärungen innerhalb der Geschäftszeiten zu Faxen.

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